Welcher Online-Marktplatz eignet sich für mein Business?

Wer heutzutage seine Produkte erfolgreich verkaufen möchte, kommt um eine Online-Präsenz nicht mehr herum. Der Bereich des E-Commerce wächst stetig: Allein in Deutschland wurden im Jahr 2021 rund 99,1 Milliarden Euro Umsatz mit Online-Geschäften erzielt. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Online-Marktplätze. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Online-Marktplätzen, die sich in Kriterien wie Kundenstamm, Reichweite und Rentabilität unterscheiden. Vielen Händler:innen fällt es daher schwer, den richtigen Online-Marktplatz für ihr Business zu identifizieren und so das größte Potenzial für sich und ihre Verkäufe rauszuholen.

Wie identifiziere ich den richtigen Online-Marktplatz für mein Business?

Obwohl Amazon die bekannteste Plattform mit der größten Reichweite ist, gehört der E-Commerce Riese nicht immer zur besten Wahl für Unternehmen. Um den passenden Online-Marktplatz für die eigenen Produkte ausfindig machen zu können, sollten sich Händler:innen im Voraus die unterschiedlichen Aspekte der Plattformen verinnerlichen:

  • Reichweite der Plattform: Wie viele potenzielle Kund:innen werden über die Plattform erreicht?
  • Kundenstamm der Plattform: Welche Zielgruppen kaufen überwiegend auf der Plattform ein?
  • Provision / Rentabilität der Plattform: Wie viel Provision muss an die Plattform gezahlt werden und wie hoch ist die daraus resultierende Rentabilität für Händler:innen?
  • Ausrichtung der Plattform: Handelt es sich um einen horizontalen (breites Produktsortiment) oder vertikalen (sortimentsspezifischen) Marktplatz?
  • Nutzbarkeit der Plattform: Wie unkompliziert ist die Nutzbarkeit der Plattform für Händler:innen?
  • Konkurrenz auf der Plattform: Wie hoch ist der Konkurrenzdruck auf der Plattform?  
  • Verkaufsmodell der Plattform: Welche Verkaufs- bzw. Abonnement-Modelle bietet die Plattform Händler:innen?

Im folgenden Beitrag haben wir eine Übersicht der beliebtesten Online-Marktplätze Deutschlands und deren Eigenschaften zusammengestellt, die bei der Wahl der richtigen Plattform helfen soll.

E-Commerce Riese Amazon

Nicht ohne Grund ist Amazon der erste Online-Marktplatz, der den meisten in den Sinn kommt. So hat sich der E-Commerce Riese über die Jahre zum beliebtesten Online-Marktplatz weltweit entwickelt. Allein im ersten Quartal diesen Jahres (2022) konnte Amazon über 300 Millionen aktive Kund:innen weltweit verzeichnen. 200 Millionen verfügen sogar über eine aktive Prime-Mitgliedschaft.

Das Prime-Modell prägt den Kundenstamm der Plattform stark: Prime-Nutzer:innen gelten als sehr loyal, da sie die Vorzüge des Prime-Modells (kostenloser Versand, nahezu sofortiger Warenversand) schätzen. Das zeigt sich deutlich in der Konversationsrate. Diese liegt bei Prime Mitgliedern bei ganzen 74%. Bei nicht Prime Mitgliedern liegt diese bei nur 13%. Die Prime-Mitgliedschaft animiert auch zu Mehrfachkäufen. So kaufen von den 40% US-Haushalten mit Prime-Mitgliedschaft ganze 46% wöchentlich oder gar täglich auf Amazon ein. Ähnlich dürften die Zahlen für Deutschland aussehen. Interessant ist auch das Verhalten der Kund:innen auf der Plattform: 44% der Online-Shopper beginnen ihre Produktrecherche auf Amazon. Gute Rezensionen und eine ansprechende Produktseite können so zu einer positiven Kaufentscheidung beitragen.

Die Rentabilität hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, daher lässt sich im Voraus niemals sicher sagen, welche Plattform die beste Rentabilität mit sich bringt. Aufgrund der Konvertierungsrate der Prime-Mitglieder sowie der hohen Reichweite geht man davon aus, dass Amazon-Verkäufer:innen im Durchschnitt 2,6-mal so viel Gewinn erzielen als auf anderen, vergleichbaren Plattformen. Die Grundgebühr für das Nutzen der Plattform beläuft sich auf 39 Euro monatlich. Hinzu kommt eine Verkaufsprovision von 7 % – 15 % je nach Produktgruppe.

Amazon verfolgt ein kundenorientiertes Modell, bei dem Kund:innen in allen Aspekten im Vordergrund stehen. Um dieses Modell aufrecht zu halten, pflegt Amazon einen vergleichsweise strengen Umgang mit Händler:innen. Um Kund:innen stets das beste Angebot bieten zu können hat Amazon den Gewinn für die Buy Box von der Performance der Händler:innen abhängig gemacht. Diese umfasst unter anderem die Lieferzeit, Stornierungsrate, Bestandstiefe und Rezensionen. Für neue Händler:innen ist es somit oftmals sehr schwer einen Platz in der Buy Box zu erhalten.

Auktionshaus Ebay

Ebay ist vor allem für Schnäppchenjäger:innen interessant. Mit seinem Auktionsmodell haben Kund:innen die Möglichkeit, Produkte bestenfalls für einen Bruchteil der Kosten zu erwerben, die auf anderen Plattform verlangt werden. Der Kundenstamm besteht folglich größtenteils aus preissensiblen Kund:innen, die stehts auf der Suche nach den besten Angeboten sind. Dies liegt vor allem an der Historie des Online-Marktplatzes. Ursprünglich gestartet als Plattform für gebrauchte Produkte, haben viele Hersteller:innen das Potenzial des Marktplatzes früh erkannt: 79 % der in Deutschland vertriebenen Produkte ist neuwertig, das Image als Plattform mit den günstigsten Angeboten ist jedoch bestehen geblieben. So konnte Ebay im zweiten Quartal dieses Jahres über 138 Millionen Kund:innen weltweit verzeichnen.

Das Produktsortiment ist, ähnlich wie auf Amazon, sehr divers. Von Kleidung und Accessoires über Lebensmittel bis hin zu Elektronik und Technik: Hier wird fast jede Kund:inn fündig. Händler:innen haben bei Ebay die Möglichkeit, zwischen einem Festpreisangebot und dem Auktionsmodell zu wählen. Vor allem das Festpreisangebot ist für Händler:innen interessant.

Händler:innen, die ihre Ware über Ebay vertreiben möchten, haben die Wahl zwischen vier Shop-Modellen: Basis-Shop, Top-Shop, Premium-Shop und Platin-Shop. So gewährleistet Ebay, dass jedem Business ein passendes Modell zur Verfügung steht, abhängig von den eigenen, individuellen Anforderungen. Die Abonnements unterscheiden sich hauptsächlich in der Anzahl der Festpreisangebote, die Händler:innen ohne zusätzliche Angebotsgebühren anbieten können. Ohne Abonnement wird nach 40 eingestellten Produkten eine Gebühr von 0,35€ pro Artikel erhoben. Alle Angebote werden zusätzlich mit einer Verkaufsprovision von 4,5% – 10,5% versehen, je nach Produktkategorie.

Ein großer Vorteil von Ebay gegenüber Amazon ist die freie Gestaltung der Artikel- und Verkäuferseite. Händler:innen haben so die Möglichkeit, sich als Marke zu präsentieren und Angebote und Zusatzverkäufe über ihre Verkäuferseite zu forcieren. Die Präsentation als Marke vermittelt dem Kunden Glaubwürdigkeit. Kombiniert mit gegenseitigen Bewertungen zwischen Händler:innen und Kund:innen wird so eine Vertrauensbasis geschaffen, die Kund:innen potenziell zu Käufen anregen kann.

Otto.de – vom Versandkatalog zum Online-Marktplatz

Das Versandhaus mit den vier großen roten Buchstaben ist ein Urgestein des Deutschen Handels. Otto galt schon in den 70ern als wahrer Innovator im Handel. Als erster deutscher Händler bot Otto seinen Kund:innen in den 70er Jahren ein bisher unbekanntes Konzept: den Versandhandel. Mit Hilfe umfangreicher Kataloge war es Kund:innen möglich, ihre Einkäufe bequem von zu Hause aus zu erledigen. Kein Wunder also, dass Otto auch heute noch zu den großen Playern im E-Commerce gehört. So verzeichnet der Online-Marktplatz von Otto bis zu 11,5 Millionen Kund:innen und bis zu 10 Bestellungen pro Sekunde. Aufgrund seiner Historie bietet Otto im Gegensatz zu anderen horizontalen Marktplätzen ein noch recht kleines Produktsortiment auf seiner Seite an. Otto hat jedoch bereits angekündigt dieses noch auszuweiten, um in Zukunft ähnlich breit aufgestellt zu sein wie die Konkurrenz.

Neben der hohen Bekanntheit bietet Otto weitere Vorteile, die sich Händler:innen zu Nutze machen können. So übernimmt das Versandhaus die Zahlungsabwicklung für alle auf dem Portal vertretenen Händler:innen. Vor jedem Verkauf wird zusätzlich die Bonität der Kund:innen überprüft – eine zusätzliche Absicherung für Händler:innen. Auch der große Umfang an Zahlungsmöglichkeiten (Rechnungskauf, Vorkasse, Kreditkarte und Ratenzahlung) macht Otto zu einem attraktiven Marktplatz: sowohl für Händler:innen als auch Kund:innen. Ähnlich wie bei anderen Marktplätzen besteht das Gebührenmodell bei Otto aus einer monatlichen Grundgebühr (39,90€) und einer Verkaufsprovision pro verkauften Artikel. Diese kann zwischen 7% und 18% liegen, je nach Sortimentsgruppe.

Da sich Otto ausschließlich auf den deutschen Markt konzentriert gibt es einige Voraussetzungen, die Händler:innen erfüllen müssen, bevor sie ihre Produkte auf der Plattform vertreiben dürfen. So muss das Unternehmen über eine deutsche Unternehmensrechtsform sowie eine deutsche Umsatzsteuer-ID und einen Firmensitz in Deutschland verfügen. Auch der Versand der angebotenen Produkte muss über ein deutsches Warenlager erfolgen. Da sich Otto ausschließlich an Endkunden richtet, muss die Ansprache der Händler:innen gegenüber der Kund:innen entsprechend gestaltet werden. Dies beinhaltet unter anderem einen eigenen, deutschsprachigen Kundenservice, dieser wird von der Plattform nicht gestellt.  

Fashion Hub Zalando

Bei Zalando handelt es sich um einen Online-Marktplatz mit vertikaler Ausrichtung. Das Produktsortiment beschränkt sich dementsprechend auf Fashion und Lifestyleartikel wie beispielsweise Kosmetik oder Wohnaccessoires. Innerhalb weniger Jahre konnte sich Zalando von einem kleinen Start-Up in Berlin zu einem international agierenden Unternehmen entwickeln. So beliefert der Fashion Gigant mittlerweile 23 europäische Märkte und verzeichnete im Jahr 2021 einen Gesamtumsatz von 10.35 Milliarden Euro, ein Umsatzwachstum von 30% gegenüber dem Vorjahr. Aktuell verfügt Zalando über 45 Millionen aktive Nutzer:innen.

Bei Zalando haben Händler:innen die Möglichkeit zwischen drei Partnerschaftsmodellen zu wählen. Beim Wholesale Modell kauft Zalando die gewünschten Produkte direkt bei Händler:innen ein und lagert sie eigenständig in ein Zalando-Lager ein. Auch der gesamte Kundenkontakt sowie der Versand und die Retourenabwicklung wird von Zalando übernommen. Händler:innen erhalten im Gegenzug detaillierte Insights zum Kundenverhalten und profitieren von der Expertise der Einkäufer.  

Das Connected Retail Modell richtet sich gezielt an Händler:innen mit physischem Ladengeschäft. Zalando löst mit diesem Konzept das eigene Problem unabgeschlossener Transaktionen bei fehlendem Produktbestand. Wenn ein Produkt bei Zalando nicht verfügbar ist, wird die Bestellung an einen Connected Retail Partner weitergeleitet, bei dem das Produkt verfügbar ist. Der Conntected Retail Partner erhält alle für den Versand relevanten Informationen und Unterlagen und führt den Versand an Kund:innen selbst aus. Händler:innen haben durch diese Partnerschaft die Möglichkeit, die Umsätze ihres stationären Handels risikofrei anzukurbeln. Mittlerweile sind 4.700 Geschäfte im Connected Retail Partnermodell registriert.

Das Partnerprogramm von Zalando entspricht einem klassischen Marktplatz-Modell. Um Teil des Partnerprogramms zu werden, muss ein strenges Bewerbungs- und Registrierungsverfahren durchlaufen werden. Hier werden unterschiedliche Voraussetzungen geprüft. Unter anderem müssen Händler:innen ihren Kund:innen eine kostenlose Lieferung sowie 100 Tage Rückgaberecht gewähren. Außerdem muss das Lager der Händler:innen in einem EU-Land sein und der Versand der Waren muss über einen von Zalando akzeptierten Logistikpartner erfolgen. Der Registrierungsprozess kann meist mehrere Wochen in Anspruch nehmen, dafür fällt in diesem Modell keine Grundgebühr an. Die Verkaufsprovision beträgt je nach Kategorie 5 % – 25 %.

Zalando bietet im Rahmen des Partnerprogramms den Zalando Fulfillment Service an. Hier haben Händler:innen die Möglichkeit, ihre Waren in einem Zalando-Lager einlagern zu lassen. Zalando bietet im Rahmen dieses Services eine Unterstützung entlang der gesamten Lieferkette an. Mit Hilfe eines Baukastensystems können Händler:innen selbst festlegen, welche Aspekte der Lieferkette von Zalando übernommen werden sollen. Dazu zählen unter anderem die gesamte Auftragsabwicklung, die Verpackung der Ware sowie die Retourenabwicklung. Bisher ist der Zalando Fulfillment Service in fünf Märkten umsetzbar (Deutschland, Österreich, Niederlande, Spanien, Frankreich).

Fazit: Die richtige Plattform identifizieren.

Jede Plattform verfügt über individuelle Vor- und Nachteile. Um abwägen zu können, welche Plattform für Sie in Frage kommt, müssen im Voraus einige Fragen beantworten werden. Zunächst sollte feststehen, welche Ziele Sie mit einem Vertrieb über diese Plattformen erreichen wollen. Auch sollte klar sein, welche Zielgruppe Sie primär ansprechen möchten und wie hoch die Präsenz Ihrer Marke bei dieser Ansprache ausfallen soll. Wichtig ist auch zu wissen, auf welchen Plattformen Ihre Konkurrenz Produkte vertreibt. Sobald diese Fragen beantwortet sind, heißt es: recherchieren. Je mehr Informationen zu den in Frage kommenden Plattformen vorliegen, desto einfacher wird es für Sie, die passende für Ihr Business zu identifizieren.