Wie hat sich das Shopper-Verhalten während der Pandemie verändert?

Die Corona-Pandemie hat keinen Geschäftszweig so hart getroffen wie den stationären Einzelhandel. Als im März 2020 der erste Lockdown ausgerufen wurde, standen viele Unternehmen vor der Herausforderung ihre Geschäfte trotz Ladenschließung aufrechtzuhalten. Dies führte zu einer Beschleunigung der Digitalisierung des Einzelhandels. Der Ausbau von Omnichannel Lösungen wurde zur essenziellen Maßnahme, um den Einnahmeausfällen des Lockdowns entgegenzuwirken. Aber auch Shopper standen vor der Herausforderung, ihre bisherigen Einkaufsgewohnheiten grundlegend zu ändern. Der gewohnte Einkaufsbummel am Wochenende fiel aus, eingekauft wurde stattdessen im Internet. Hersteller und Retailer, die entsprechende E-Commerce Lösungen anboten, wurden zu „Gewinnern“ der Pandemie. Click & Collect, Lieferdienste, Live-Shopping und Co. wurden sowohl für Shopper als auch für viele Retailer zum New Normal. Vielen stellt sich nun die Frage: Welche Veränderung im Shopper-Verhalten während der Pandemie werden auch nach der Pandemie weiterhin relevant bleiben?

Wie sieht das New Normal im Handel aus?

Der erste Lockdown traf viele Menschen unerwartet. Das Leben, wie wir es kannten, verschob sich immer mehr in die digitale Welt. Soziale Kontakte wurden über Social Media und Videocalls aufrecht gehalten, Einkäufe im Internet erledigt – alles ganz bequem von der Couch aus. Kurzfristig gab es also eine starke Zuwendung zum Online-Handel. Ältere Generationen, die ihre Einkäufe vorher wenig bis gar nicht im Internet erledigten, kauften während der Pandemie vermehrt online ein.  

Auch die Erwartungshaltung der Shopper gegenüber Retailern hat sich grundlegend verändert. Laut der State of the Connected Customer Studie von Salesforce nutzen Kunden immer mehr digitale Touchpoints, unabhängig davon, ob der Kauf online oder offline durchgeführt wird. Sie erwarten also ein umfangreiches Omnichannel-Angebot, welches eine nahtlose Shopping Experience sicherstellt. Es entsteht eine neue Art von Shopping, die sich auf die Bequemlichkeit der Shopping-Erfahrung fokussiert. Die Hybridisierung aus stationärem Handel und E-Commerce bietet dem Kunden ein höchst personalisiertes Shopping-Erlebnis. Sie können demnach selbst entscheiden, wann und wie sie Produkte kaufen.

Wie nachhaltig sind diese Veränderungen im Shopper-Verhalten nach der Pandemie?

Der Anteil der Online-Shopper stieg schon weit vor der Corona-Pandemie stetig an. Generationenwechsel, neue Technologien sowie der Fokus auf optimierte User Experiences beeinflussen diese Entwicklung langfristig. Dennoch lässt sich mit gutem Gewissen sagen, dass die Pandemie und der damit verbundene Lockdown als Katalysator für die Digitalisierung des Handels dienten. Kunden verbinden diesen Fortschritt in der Digitalisierung mit einer Bequemlichkeit, die sie vorher so nicht kannten. Diese erwarten sie auch nach den Corona Lockerungen. Erste Ansätze wie digitale Beratungsgespräche, Lebensmittellieferdienste oder Chatbots erfreuen sich bei uns schon länger immer größerer Beliebtheit.

Dennoch möchten Shopper den stationären Handel nicht aufgeben. So sagen 63 % der deutschen Konsumenten, dass Sie nach den Lockerungen wieder vermehrt im stationären Handel einkaufen möchten. Vor allem das durch die Pandemie ausgelöste Nachhaltigkeitsbewusstsein stärkt den „buy local“ Gedanken. Um Kunden langfristig zu binden, ist es also wichtig, die Bequemlichkeit des Onlinehandels mit der Nachhaltigkeit des local shoppings zu verbinden.

Generationenwechsel beflügelt die Digitalisierung

Der Generationenwechsel ist mitten im Gange. Obwohl die Pandemie älteren Generationen die Vorzüge des Onlinehandels lebhaft demonstriert hat, werden in Zukunft überwiegend Digital Natives die treibende Kaufkraft bilden. Vor allem die Generationen Gen Z und Millenials haben eine genaue Vorstellung darüber, wie sie in Zukunft einkaufen möchten. Das Stichwort: Connected Shopping. Die Shopping Experience verlagert sich immer mehr in die Digitale Welt und es werden Lücken überbrückt, die im klassischen Handel lange als nahezu unüberbrückbar galten.

In einer Studie von Foresight Factory und Snap unter 200.000 Verbraucher:innen weltweit gaben etwa 48 % der befragten Generation Z an, während der Pandemie deutlich mehr Fotos und Screenshots von Produkten mit Freunden und Familie zu teilen als vor der Pandemie. Auch sind sie deutlich aufgeschlossener gegenüber AR & VR Lösungen im Handel. So würden sich 3 von 10 Befragten auf den Weg in einen stationären Handel machen, wenn dieser virtuelle Dienste wie z.B. intelligente Spiegel zum Anprobieren von Make-Up oder Kleidung anbieten würde. Die Verbraucher:innen zeigen also ein deutliches Verlagen nach menschlicher Interaktion, gerade in Zeiten, wo die Erinnerungen an den Lockdown noch frisch sind.

Weniger Einkommen macht Preisvergleiche unverzichtbar

Die Pandemie verbinden viele Shopper mit Unsicherheiten und wiederkehrenden Sorgen um die Zukunft. 40 % der Europäischen Konsumenten mussten mit weniger Haushaltseinkommen wirtschaften als vor der Pandemie. Dies führte zu einer der nachhaltigsten Veränderungen, die durch die Pandemie hervorgerufen wurden: Immer mehr Menschen sind, und werden auch in naher Zukunft darauf angewiesen sein, Preise zu vergleichen und das beste Preisleistungsverhältnis zu finden. Hersteller und Retailer müssen ihr digitales Angebot also ausbauen und nahtlos in den stationären Handel integrieren. Eine gut sichtbare online Präsenz und Erreichbarkeit sowie qualitativ hochwertiger Content auf Online-Marktplätzen und Social Media dienen hier als Grundlage.

Was bedeutet das für Markenhersteller und Retailer?

Für Hersteller und Retailer bedeutet das veränderte Shopper-Verhalten, dass sie auch nach der Pandemie keinen Unterschied mehr zwischen Online- und Offlinehandel machen dürfen. Die Grenze zwischen beiden Handelsformen verschwimmt immer mehr, was besonders Retailer vor neue Herausforderung stellt. Der ROPO Effekt (Research Online, Purchase offline) zwingt sie dazu, Informationen zum stationären Handel sowie zu Produkten rund um die Uhr online bereitzustellen. Auch User Generated Content (UGC) wird in Zukunft zum entscheidenden Faktor bei der Generierung von Kaufentscheidungen. Strategisch platzierte Rezensionen, sowohl online als auch offline, bewährten sich vor allem während der Pandemie als strategische Maßnahme um den Umsatz anzukurbeln.

Die Hybridisierung von Online- und Offlinehandel zieht weitreichende Veränderungen mit sich. So hat sich das Verhältnis vom Shopper zum klassischen Städtebummel durch zahlreiche Lockdowns grundlegend verändert. Shopper erwarten nun, dass das Einkaufen vor Ort einen besonderen Mehrwert bietet und zum echten Erlebnis wird: Besondere Attraktionen wie z.B. das House of Vans in London, welches neben einer Einkaufsmöglichkeit für die beliebten Schuhe auch einen Skatepark und Skateboarding Kurse direkt vor Ort anbietet, werden zu wahren Kundenmagneten. Diese Kurse können unter anderem online gebucht werden – eine optimale Hybridisierung von Online- und Offlineangebot. Ladengeschäfte entwickeln sich also immer mehr zu Showrooms, welche die angebotenen Produkte in einer spannenden Umgebung perfekt inszenieren und den Shopper somit zum Kauf animieren soll.

Der stationäre Handel hat sich während der Pandemie auch zum nachhaltige(re)n Logistics Hub entwickelt. Durch die Digitalisierung erwarten Kunden zunehmend einen On-demand Zugang zu Produkten und Dienstleistungen sowie eine unkomplizierte Abwicklung von Retouren. Im Gegensatz zu den meist außerhalb gelegenen Logistikzentren vieler Händler, sind Ladengeschäfte in der Regel zentral gelegen. Sie eigenen sich somit perfekt für eine schnelle Lieferung vorhandener Waren. Auch für Händler bringt dies viele Vorteile mit sich. So werden dezentrale Lagerhallen auf Dauer überflüssig und Ladengeschäfte können kräftig Online-Umsätze erzielen. Die Rentabilität der Geschäfte steigt.

Fazit

Nach und nach treten immer mehr Lockerungen in Kraft und machen Hoffnung auf Normalität. Dennoch darf man sich nicht trügen lassen: Die Realität wie wir sie kennen wird es im Handel so nicht mehr geben. Die Digitalisierung „über Nacht“ hat Shoppern eindrucksvoll demonstriert, dass bequemes Einkaufen kein bloßer Wunsch ist, sondern umsetzbare Realität. Es ist also kaum verwunderlich, dass die Vorzüge einer Hybridisierung aus E-Commerce und stationärem Handel auch langfristig von potenziellen Kunden gewünscht und vorausgesetzt wird. Die Erwartungshaltung hat sich stark verändert und wird sich auch in Zukunft stetig transformieren. So werden Omnichannel Strategien und der Einsatz neuer Medien zum unverzichtbaren Mittel für die Umsatzgenerierung.