„Seien Sie mutig!“: Cross Media Kampagnen bieten Raum für Ungewöhnliches

Ein und dieselbe Botschaft verlässlich und stringent über verschiedene Kanäle in unterschiedlichen Medien zu transportieren und dabei weder die Idee zu verwässern noch den einheitlichen Look & Feel zu versemmeln noch Medienbrüche zu erzeugen – das ist nicht weniger als die Hohe Schule der Kommunikation.

Denn komplexer geht es kaum: Da arbeiten Print-Profis mit Netz-Nerds, TV-Trickser mit PR-Primussen, und am Ende soll überall die gleiche Botschaft stehen. Wenn Sie jetzt mal überlegen, welcher Aufwand in der Regel üblich ist, um ein gemeinsames Familienfest zu organisieren, dann können Sie sich ungefähr vorstellen, was es heißt, Kreative aus diversen Disziplinen, Abteilungen und Agenturen so unter einen Hut zu bekommen, dass er dem Kunden nicht hochgeht, wenn er das Ergebnis sieht.

Sauber verzahnen

Abstimmung ist das A & O bei dieser Form von Kommunikation. Irgendwo, in einem hoffentlich ruhigen Agentur-Eckchen, sitzt der Projektverantwortliche, der die Fäden in der Hand und, so nebenbei, seinen Kopf hinhält. Er achtet darauf, dass die Idee ebenso durchgehalten wird wie die CI, dass die Message nicht dem Stille-Post-Prinzip zum Opfer fällt und dass die Einzelmaßnahmen insgesamt sauber miteinander verzahnt sind.

Trumpfkarte Cross Media

Denn das ist einer der großen Trümpfe cross-medialer Kampagnen: Die Einzelelemente zahlen aufeinander ein und unterstützen sich gegenseitig. Ergebnis: „Cross Media ist kosteneffizienter, flexibler, omnipräsenter und langlebiger als Einzelmaßnahmen. Crossmedia kann mehrere Facetten einer Botschaft an unterschiedliche Zielgruppensegmente kommunizieren. Bei einer Crossmediaplanung können Sie die Leute da abholen, wo sie stehen. Crossmedia ist wie Wahlkampf. Sie haben eine Kernbotschaft, können aber viele Details zielgruppengerecht kommunizieren“, so Alexander Diehl, Geschäftsführer von KREATIVEKONZEPTION aus Berlin.

Ein schönes Beispiel liefert die Brand Campaign „Creative use of Space“, die KREATIVEKONZEPTION für MINI entwickelt hat. Sie inszeniert die Botschaft „Creative use of space.“ derzeit in einer internationalen Kampagne über die Kanäle Internet, Print, Guerilla, Mobile und Event in Deutschland, Italien, den USA und Dänemark. Die Website minispace.com dient als weltweit zentrales Medium, über das die Agentur, MINI und eine Community von mittlerweile mehr als 15.000 Designern, Fotografen, Architekten und Musikern die kreative Nutzung urbaner Räume gestalten. Bislang haben sie gemeinsam in New York ein Rooftop Festival auf dem Dach eines alten Lagerhauses veranstaltet und in Kopenhagen einen alten Schlachthof zu einem temporären Eventraum umgewandelt. Außerdem ließen sie die Dächer von MINI Clubman Fahrzeugen gestalten und bedrucken.

Mega-Casting

Schön cross war auch, was Ferrero für kinder Schokolade unter dem Motto „Dein Gesicht auf kinder Schokolade“ im vergangenen Jahr zum 40sten Geburtstag gelauncht hat. Dabei erhielten zehn Kinder die Chance, für eine begrenzte Zeit „das Gesicht“ der kinder Schokolade zu sein.

Das dazu gehörige Mega-Casting wurde von einem Netzwerk verschiedener Agenturen realisiert, Bewerbungen waren möglich am PoS, während einer Roadshow und im Internet, Online-Voting inklusive. TMS Trademarketing Service aus Frankfurt a. M. setzte die deutschlandweite Street- und Handelspromotion um und zeichnete für das Face-to-Face Casting mit über 500 Promotion-Einsatztagen im Rahmen von Handels- und Streeteinsätzen in zehn Städten verantwortlich. Im Herbst 2007 wurde der Traum für zehn Gewinner wahr: Ihre Gesichter erschienen auf einer limitierten Sonder-Edition der Kinder Schokolade im Handel.

Doch lassen sich alle Einzelmaßnahmen immer gleich gut miteinander verknüpfen? Die Antwort gibt Dieter Stempel, Geschäftsführer von TMS: „Das ist von den Kommunikationszielen, den Zielgruppen sowie den geplanten Aktivitäten abhängig. In unserem Beispiel ließen sich Offline Casting per Roadshow und am PoS sowie die Möglichkeit zur reinen Onlineteilnahme besonders gut verbinden. Um alle Teilnehmer gleichermaßen zu involvieren, wurde zusätzlich ein Online-Voting geboten.“

LED XXL

Ein gutes Beispiel für eine Cross Media Kampagne hat auch Wunderman aus Köln zum Launch des neuen Ford Fiesta abgeliefert. Dabei sollte die Kommunikation dem neuen Ford-Markenanspruch „Feel the difference“ entsprechen. Die Lösung: Deutschlands größte LED-Wand am Ku’damm in Berlin wurde zu einer Spielfläche für Interaktion mit der Zielgruppe.

„Mitten im Jetzt“ lautet der Kampagnen-Claim zur Markteinführung des neuen Ford Fiesta. Über zahlreiche Web-Communities wie MySpace, MyVideo, Facebook, Ipernity und Twitter wurde der Claim durch „User generated Content“ mit Leben gefüllt. Die Ergebnisse erschienen dann auf der LED-Wand.

Vom 1. bis 31. Oktober konnten die Nutzer der Web-Communities eigene Bilder und Videos auf die 104 m² große LED-Wand hochladen. Ein Voting zu den beliebtesten Einsendungen verstärkte den interaktiven Charakter der Kampagne.

Die Nutzer der Web-Communities wurden zudem selbst Teil der Aktion: beispielsweise indem sie dem Fiesta bei Twitter folgten und ihr Profil auf der LED-Wand veröffentlichten.

Auch Passanten konnten sich von Promotoren mit einem Handy auf dem Ku’damm fotografieren lassen, um sich kurz darauf auf der LED-Wand wiederzufinden.

Zusätzlich hatten Menschen auf der ganzen Welt die Chance, SMS-Botschaften direkt auf die LED-Wand senden – und per Webcam die immer neuen Inhalte zu bestaunen. Rund um die Uhr wurden alle fünf Sekunden aktuelle Bilder von der LED-Wand ins Netz gestellt. Aber auch andere Metropolen waren via Webcam in Berlin dabei. Aufnahmen aus Moskau, New York und London wurden zwischenzeitlich immer wieder auf die LED-Wand gespielt.

Wie man Einzelmaßnahmen optimal untereinander vernetzt, erklärt Dr. Bernd Becker, Managing Director bei Wunderman: „Der immer gleiche optische Code muss über alle Maßnahmen durchgehalten werden: Die DNS der Kampagnen muss überall sichtbar sein. Dazu gehören auch eine einheitliche, aber der Online-Plattform entsprechende Ansprache und die Angabe der URL in allen Maßnahmen. Ein gutes Beispiel ist die Aktion mit der LED-Wand: Gleicher Look auf allen Kanälen, jedoch mit individueller, plattformkonformer Ansprache. Das heißt in diesem Fall, die User bei MySpace und MyVideo zu duzen, bei Ipernity, einer Plattform für Fotoamateure, aber eine neutralere Art der Anrede zu wählen. Ebenfalls wichtig ist auch die Querverlinkung der Online-Plattformen untereinander, natürlich immer nur dort, wo es Sinn macht. Alle Plattformen hatten Zugang zur Webcam, mit deren Hilfe man die LED-Wand auch aus dem Internet betrachten konnte. Promotions vor der Wand führten die User über verteilte Flyer wieder ins Internet.“

Talk of the Town

Dass es keinen Weltkonzern braucht, um gute Werbung über verschiedene Kanäle zu machen, haben PickMeUp, Hamburg, und ihr Kunde petra-electric bewiesen. Zur diesjährigen IFA hatte man sich nicht weniger vorgenommen, als Talk of the Town zu werden. Und das klappte wunderbar mit der „petra, ich liebe Dich“-Kampagne. Hintergrund des Slogans: petra-electric hatte ihre Produktion aus China abgezogen und ließ nun wieder in Deutschland fertigen. Die Mitarbeiter zeigten sich hoch erfreut, PickMeUp entwickelte aus der positiven Stimmung unter den Mitarbeitern eine Kommunikationsstrategie und bündelte die positiven Statements zum Geständnis: „petra, ich liebe dich!“. Pünktlich zur IFA trug die Agentur diese Botschaft in die Hauptstadt.

Und das ging so: Zunächst ließ PickMeUp den Teaser „petra, ich liebe dich!“ ohne Absender durch unterschiedliche Guerilla-Aktionen in Berlin verbreiten, darunter Kreidegraffiti, elektrostatisch klebende Folien (AmberSTIX) und Brückenbanner.

Parallel erschien das Motiv auf Bildschirmen der Berliner U-Bahn, begleitet von Teaser-Spots im regionalen Rundfunk und beim Kooperationspartner TV.BERLIN. Erst zwei Tage vor der IFA wurde der Teaser über die gleichen Kanäle – plus Print-Anzeigen und Online-Maßnahmen – mit dem Absender petra-electric aufgelöst.

Den petra-Messeauftritt versüßte TV.BERLIN mit einer ständigen Sende-Präsenz auf dem petra-Stand: Verbraucher und Händler konnten eine Liebesbotschaft aufzeichnen lassen, die am nächsten Tag vom Sender ausgestrahlt wurden. Begleitende Werbemittel sowie die Standgestaltung hoben zusätzlich die positiven Mitarbeiter-Statements zum Unternehmen heraus.

Heinz-Jürgen Pick, Geschäftsführer von PickMeUp: “Bei dieser Vielzahl unterschiedlichster Maßnahmen war es natürlich von eminenter Bedeutung, eine durchgängige Vernetzung zu erzielen und dabei die CI durchzuhalten. Wir haben sehr bewusst auf eine hochgradig emotionale Botschaft gesetzt, um einen emotionalen Mehrwert zu schaffen. Indem wir unsere Zielgruppen – Händler wie Endkunden – über mehrere verschiedene Kanäle angesprochen haben, konnten wir die Botschaft gleich mehrfach verstärken.“

Auch der Kunde zeigte sich zufrieden: “Mit den unterschiedlichen und teilweise auch ungewöhnlichen Werbemitteln vor und zur IFA konnten wir das öffentliche Interesse und das des Handels für uns positiv wecken. Wir werden diesen frischen und auffallenden Auftritt zukünftig auch am POS weiterführen“, so Burkhard Thiel, Director Marketing and Sales bei petra-electric.

Land der Ideen

Aufsehenerregende Cross Media-Kampagnen haben auch Scholz & Friends aus Hamburg im Köcher. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland launchten sie das „Land der Ideen“. Der Job hieß, das Deutschlandbild im Ausland zu erneuern und eine Dachmarke für Deutschland zur WM zu etablieren. Zielgruppe waren ausländische Investoren.

Um ihnen die Bundesrepublik als Land der Ideen schmackhaft zu machen, setzten Scholz & Friends auf einen gut gewürzten Maßnahmenmix. Die Zutaten: In einer Outdoor-Sonderaktion inszenierte die Agentur den „Walk of Ideas“ in Form überdimensionaler Skulpturen der innovativsten Erfindungen aus Deutschland in Berlin. Dazu zählten „Der moderne Fußballschuh“, „Das Automobil“, „Meisterwerke der Musik“, „Der moderne Buchdruck“, „Meilensteine der Medizin“ und „Die Relativitätstheorie“. Hinzu kam die Ausstellung „100 Köpfe von morgen“ im Deutschen Historischen Museum Berlin mit lebensgroßen Fotografien und Lebensläufen von 100 Menschen, die mit ihren Ideen Deutschlands Zukunft prägen werden.

Weitere Outdoor-Maßnahmen mit Claudia Schiffer als Testimonial, Direktmarketing mit Investoren-Mailings und Informationsbroschüren gehörten ebenfalls zu der Kampagne, die natürlich auch online unter land-der-ideen.de ihre Fortsetzung fand.

Parallel dazu präsentierten im Rahmen des Städtewettbewerbs „365 Orte“ die teilnehmenden Städte sich und ihre Ideen der Öffentlichkeit. Begleitet wurde das Ganze durch eine PR-Kampagne, zu der auch eine enge Medien-Kooperation mit der BamS und der ZEIT gehörte.

Auch hier waren gewaltige Koordinationsaufgaben zu stemmen. Matthias Schmidt, Geschäftsführer Scholz & Friends Hamburg, berichtet, wie die Agentur sie gelöst hat: „Bei Scholz & Friends ist die `Orchestrierung´ das leitende Prinzip der Zusammenarbeit. Wir verstehen uns als `Orchester der Ideen´, das für jede Aufgabe die passenden Kommunikationsinstrumente zusammenstellt. So können wir auf Spezialdienstleister für jedes Instrument und Full-Service Agenturen, die die Instrumente unter einem Dach bündeln, zurückgreifen und arbeiten gemeinsam an der Umsetzung einer Leitidee. Das reibungslose Zusammenspiel wird gefördert durch eine orchestrierte Firmenstruktur: Für jede Marke ist innerhalb der Agentur ein `Dirigent´ verantwortlich, der alle Instrumente führt.“

Ein guter Rat

Angesichts dieser flächendeckenden Erfolge, die verschiedene Agenturen auf unterschiedlichsten Kanälen und mit unterschiedlichsten Ansätzen erzielten, sei zum Schluss allen Unternehmen für die Zusammenarbeit mit ihren Agenturen ein guter Rat von Heinz-Jürgen Pick ans Herz gelegt.

Und der heißt kurz und bündig: „Seien Sie mutig!“

www.kreative-konzeption.de

www.pickme-up.de

www.s-f.com

www.tmsgmbh.de

www.wunderman.de